"Guten Morgen, Charles Bukowski!", ist eine der Geschichten überschrieben, die in diesem Band versammelt sind. Die Reverenz an den Altmeister der Beatgeneration kommt nicht von ungefähr. Kleinkriminelle, Obdachlose, Säufer und Prostituierte bevölkern auch Franjo Francics Welt. Eine Welt der gesellschaftlichen Randzonen, weit weg von jener anderen, verhassten und verspotteten, der Ordentlichkeit und Bürgerlichkeit.
Gewalt, Wahn, Sexualität und Tod sind omnipräsent in diesen kleinen Geschichten, die gewissermaßen auf Nebenbühnen der "großen" Geschichte spielen - jener des Zweiten Weltkriegs, der Vetreibung der italienischsprachigen Bevölkerung aus Istrien oder des Zehn-Tage-Kriegs im Jahr 1991. Hinter einem abgebrührt-desillusionierten Tonfall und einer wie von Alkohol und Rauch kratzigen Erzählerstimme ist immer wieder etwas anderes herauszuhören: eine innere Verletzlichkeit, die sich zu schützen sucht und dann und wann zu einer verblüffend anderen Sprache findet.
Der Band versammelt Texte von Franjo Francic aus den letzten 25 Jahren und bietet, in der Übersetzung des Staatspreisträgers Erwin Köstler, einen lebendigen Einblick in das Schaffen jenes Schriftstellers, der sich seit Langem als der große Außenseiter in der slowenischen Literaturszene positioniert hat.

Kurzprosa

Franjo Francic, geboren 1958 in Ljubljana, Prosaist, Lyriker, Dramatiker, Autor von Hörspielen und Drehbüchern, von Kinder- und Jugendliteratur, lebt in Parecag nahe Secovlje im slowenischen Teil Istriens. Er zählt aktuell zu den meistübersetzten slowenischen Autoren. Als Jugendbuchautor wurde er im Ausland mehrfach ausgezeichnet.

Bestände, in denen Autoren wie Henry Miller und Charles Bukowski gelesen werden, sollten dem Titel des slowenischen Autors eine Chance geben. (ekz bibliotheksservice)

(...) Der mehrfach ausgezeichnete Lyriker Franjo Francic überzeugt mit tiefgehender, wenngleich auch zunächst oberflächlich wirkender poetischer Schreibweise und einem Gespür für Spannungsaufbau und Melancholie. Ohne sich in überflüssigen Worten zu verlieren, taucht er in eine Gedankenwelt, in der sich alles um die großen Fragen des Lebens und der menschlichen Existenz dreht. (www.lesefreunde.homepage24.de)

(...) Der Band versammelt Texte von Franjo Francic aus den letzten 25 Jahren und bietet, in der Übersetzung des Staatspreisträgers Erwin Köstler, einen lebendigen Einblick in das Schaffen jenes Schriftstellers, der sich seit Langem als der große Außenseiter in der slowenischen Literatur positioniert hat. (www.liesmalwieder.com)

Ich bleibe bei den Weinstöcken stehen. Sie werden gelb, für heuer haben sie ihres gegeben. Ich setze mich nieder und zünde mir eine Zigarette an. Dort unten die Salinen. Häuser, die im Meer schwimmen. Und Menschen darin. Noch immer schaue ich über die Landschaft hin und staune über diese aneinandergeschmiegten Parzellen, wie viele Mauern da sind, wie viele Hände das waren, die die flachen Steine aus den Tälern getragen haben. Um die Erde zu umfangen, um sie zu schützen, vor den Regengüssen, vor dem Winter. Und Wind kommt auf. Die Kälte kriecht in die Knochen, die Zeit hält Ernte.
Es ist wie ein Zauber, dieses Grün, die Akaziensträucher, die spanischen Ginster, die Brombeerschläge, die aufrechten Kerzen der Zypressen, die den Himmel durchstoßen, die tibetanisch angelegten Terrassen, an denen Hände jahrhundertelang trugen und richteten. Stein für Stein, in den mit Wurzeln durchsetzten Mauern die gefangene und umfangene Erde, sicher vor den Wintergüssen.
Die Erde ist da und dort rötlich, woanders wieder schwarz und schwer, aber dennoch fruchtbar und gut. Die uralten Adern der Ölbäume, die krüppelig, auf ihre Art stolz, den Windstößen trotzen. Die langen Reihen der Weinstöcke auf den Südhängen, die breitblättrigen Feigenbäume, die dankbar die Geschenke des mediterranen Klimas annehmen.
(Aus: Istra, gea mea)