Ob sich Europa tatsächlich so schnell verändert habe, oder ob er sich nur seiner Krankheit wegen einbilde, daß der Ton in der Politik und unter seinen Freunden immer härter werde, fragt sich der Erzähler bei seiner Rückkehr nach Berlin. Als er das erste Mal in die Stadt kam, zu der er »langsam so etwas wie Heimweh« empfindet, beeindruckte den Buben aus Slowenien am meisten eine auf dem Potsdamer Platz weidende Schafherde. Doch ungefähr zeitgleich mit den Arbeiten auf der größten Baustelle Europas begann für ihn, nach erfolgloser Nierentransplantation, eine Dialysebehandlung, an die er seither gefesselt ist, wo immer er hingeht. Die Reisestationen mögen Ljubljana, Klagenfurt, Izola, Nikosia, Madrid, Sarajevo oder New York heißen. Für ihn sind es in erster Linie Dialysestationen. Eine kleine Welt abseits, in der sich die große spiegelt, die der Autor mit feiner Ironie und Selbstironie beobachtet und liebevoll beschreibt, als begutachte er für einen Reiseführer erlesene Restaurants und Hotels.

Reisen auf eigene Gefahr

Mit Fotos von Meta Krese

David Šalamun, geboren 1974 in Ljubljana, lebt mit seiner Mutter, der Lyrikerin und Journalistin Maruša Krese, in Berlin. Sein Vater, Tomaž Šalamun, ist Schriftsteller in Slowenien. Mit dreizehn trat bei David ein schweres Nierenleiden auf. Die Operation, die bald darauf notwendig wurde, brachte ihn in akute Lebensgefahr. Seit einem Jahr wartet er in New York auf eine weitere Transplantation. »Willkommen im Dialysium« ist seine erste Buchpublikation.

... So sind seine "Reisen auf eigene Gefahr", wie das Buch im Untertitel heißt, traurig, witzig und erhellend zugleich... (Jörg Magenau, die tageszeitung)

... Der 26jährige David Salamun ist viel herumgekommen in der Welt. In seinem ersten Roman erzählt er die großen und kleinen Abenteuer eines Dialysepatienten auf Reisen ... (Elke Leibold, Aspekte)

... Er beschreibt Blutwäschestationen in New York und Berlin, in Madrid und Ljubljana mit dem Forscherblick betrachtend ... (Berliner Zeitung)

... angekoppelt an die Maschine, diese mit äußerster Anstrengung bergauf durch die Straßen schieben und aufpassen, daß sie dir bergab nicht davonrollt.«
Leseprobe ... Wer vier Stunden lang angekoppelt ist, beschäftigt sich schon manchmal mit dem Gedanken wegzulaufen. Andererseits weißt du, daß es lebensnotwendig ist, und es ist erstaunlich, wie kompromißbereit du wirst, wenn du dieses Wissen hast. Natürlich steht es dir frei davon zu träumen, das bewährte System zu verändern und als Revolutionär die Dialysestation zu verlassen, entschlossen für ein besseres Leben zu kämpfen, angekoppelt an die Maschine, diese mit äußerster Anstrengung bergauf durch die Straßen zu schieben und aufzupassen, daß sie dir bergab nicht davonrollt. Das würde ziemlich lächerlich wirken, und so findest du bald andere Beschäftigungstherapien, die etwas weniger revolutionär, aber auch nicht schlecht sind ...