In zwei Gedichtzyklen (»Das Deutsche erlernend«; »Sprache nach dem Krieg«) und einem Essay (»Von edlen Mördern und gedungenen Humanisten«) nähert sich der in Deutschland lebende Autor seiner neuen Umgebung an, mit dem geschärften Blick des Exilanten, der dem Krieg den Rücken kehrt, ohne ihm zu entkommen. Kein weiteres Bosnien-Buch, sondern eines über uns und unseren Umgang mit Fremdheit. »Für Johanna«, heißt es im Essay, »sind Kriegsprofiteure finstere Typen, die mit Waffen und Menschen handeln. Sie profitieren dank ihrer Brutalität. Es gibt indes Leute, die dank ihrer Güte profitieren. Sie verkaufen ihren Schmerz oder den Schmerz anderer Menschen, selbst ganzer Völker. Auf ihre Erzeugnisse drücken sie den Stempel ›made in Bosnien‹ und adressieren sie an deutsche Konsumenten des Weltschmerzes, die an Johanna erinnern«.

44 Gedichte/pjesme & 1 Essay/esej

In rockigen Rhythmen schreibt Dragoslav Dedovic über das Leben im freiwilligen Exil und die merkwürdige Welt, in die er hineingeraten ist.

Dragoslav Dedovic, geb. 1963 in Zemun, studierte Journalistik in Sarajevo, freier Journalist im ehemaligen Jugoslawien, Verlagslektor in Tuzla. Lebt seit 1992 im freiwilligen Exil in Deutschland, zuerst von wechselnden Aushilfsjobs, später als Stipendiat des Heinrich-Böll-Hauses. Absolviert zur Zeit ein Zweitstudium in Aachen. Buchpublikationen: Izadjimo u polje (Sarajevo 1988), Cirkus Evropa (Tuzla 1990).

... Dedovic verfügt über einen geschärften, unerbittlichen Blick sowohl auf das Land des grausamen Unheils, das er verlassen musste, als auch auf sein Exilland ... (Stevan Tontic, Deutsche Welle)

... Dedovics (in der Emigration entstandene) Lyrik ist nicht larmoyant, sondern sarkastisch. Sie liebt die Kürze und den (saloppen) Sprachmix, sie manifestiert Neugier für die Epiphanien am Rande des Alltags ... (Ilma Rakusa, Neue Zürcher Zeitung)

... Eine Art fin de siecle: ein solches Gefühl -- illusionslos, unterkühlt, bisweilen aggressiv -- vermitteln die Texte des jungen Dragoslav Dedovic ... (Michael Basse, Bayerischer Rundfunk)

... Ein besonderer Rhythmus, einmal rockig, einmal wie Jazz, nimmt den Leser gefangen ... (Eva Schröder, Mittelbayerische Zeitung)

... Die Gedichte des jungen Mannes aus Zemun erzählen kleine Geschichten mittels plastischer Szenen. Es sind Situationen, die mich an die Arbeiten von Otto Dix erinnern ... (Roza Domascyna, Sächsische Zeitung)

... Der Mann hat die poetische Kraft, aber er ist auch ein glänzender Essayist ... (Joachim Scholl, Deutschlandradio)

... Dedovic provoziert eine deutsche Sichtweise, die er als Ergebnis "audiovisuelle Drills" kennzeichnet. Dagegen entfaltet er seine Poesie. Das kunstvoll Erkannte gegen das lediglich Bekannte ... (Alfons Hockebrink, Scriptum, Das Schweizer Literaturmagazin)

... Bosniens unentwirrbares Schicksal konterkariert mit dem Lied von Prinz Eugens Kriegszug sowie heutigen verbalen Querschlägen: Darum geht es in dem lesenswerten Essay ... (Eckhard Thiele, Berliner Morgenpost)

... In einer spöttisch-distanzierten Sprache beschreibt er ganz ohne Pathos seine Erfahrungen: schonungslos, sezierend, ins Schwarze treffend ... (Sabine Tholund, Kieler Nachrichten)

GOMORRHA BLUES

im deutschen warenhaus
wohnt der gute geist der nation
rolltreppen fahren vorm weihnachtsfest
christenmenschen und hündchen
auf und ab yeah auf und ab

in ihren armen pakete
im herzen der glaube an den
herrn der das jüngste gericht
verheißen vor dem eingang aber

ganz allein genau wie christus
spielt stundenlang ein rumänischer zigeuner
klarinette immer ein und dasselbe lied
doch halten die mauern stand noch ist nicht
zeit für engel