Angesichts von Hindernissen, lässt Bertold Brecht seinen Galilei sagen, mag die kürzeste Linie zwischen zwei Punkten die krumme sein. Die Reise, die der junge Mišo in Belgrad antritt, um Frau und Kind in Wien aufzusuchen, führt ihn über Italien, Frankreich, Belgien und Deutschland und dauert einige Jahre. Listenreich schlägt er sich auf der Suche nach Seinesgleichen durch den Paragraphen- und Dokumentendschungel sesshafter Gesellschaften. Nikolic nimmt die Leser auf seine Odyssee mit und macht sie mit dem schwierigen und turbulenten Leben fahrender Roma bekannt.

Auf den Wegen eines Rom

Mišo Nikolic, geboren 1949 als Sohn fahrender Roma bei Petrovac na Mlavi (Jugoslawien). Lebt als Mitglied des Roma-Ensembles Nikolic-Lakatos, Komponist und Textdichter in Wien. Das vorliegende Buch setzt die mit dem Band »... und dann zogen wir weiter« (Drava 1997, 2. Aufl. 2000) begonnenen autobiographischen Aufzeichnungen fort.

... Ein Roadmovie im besten Sinn. Ein Wegweiser durch fremde Welten und bisweilen sogar in die Irre führend. Mit Augenzwinkern und großem Lebensmut ... (Nils Jensen, Buchkultur)

... Faszinierend ist das völlig unbereinigte Bild, die ganze bunte Realität von einem, der sich mit Mutterwitz, Improvisation und immer neuem Mut am Rande der »normalen« sesshaften Gesellschaft durchschlägt ... (Eva Navran, Kranich)

... Ein Grundkurs in Multikulturalität auf der Basis von oral history. ... (Jens Langer, Stadtgespräche)

... Miso Nikolic bedient sich einer Sprache, die sich durch eigenwillige Formulierungen auszeichnet, was dieser Prosa einen ungewöhnlichen Reiz verleiht ... (Christian Muklosch, Literaturzeitschrift Podium)

... Auf allen Vieren krochen wir vor dem Hofeingang durch und machten uns aus dem Staub. Keine zwanzig Meter vom Haus entfernt führten steile Stufen ins Tal hinunter. Viele hundert Meter unter uns lag die Hauptstraße mit dem Zollamt und den Zollschranken, die Autos sahen von oben so klein aus wie Streichholzschachteln. Wir beobachteten die Zollbeamten, wie sie jedes Auto zur Passkontrolle anhielten, dann ging der Schranken auf, und die Autos fuhren eins nach dem anderen über die Grenze nach Frankreich. Wir machten uns an den Abstieg. Der Steig war so lang, dass wir eine Weile brauchten, bis wir die Hauptstraße erreichten. Wir mussten sie überqueren, aber mit äußerster Vorsicht, damit uns die Zöllner nicht bemerkten. Wir befanden uns jetzt im Niemandsland zwischen Italien und Frankreich. Etwa fünfzig Meter unter uns sahen wir Eisenbahngeleise, die in einem Tunnel verschwanden. Von dort waren es noch einmal hundert Meter bis zur Talsohle. Ganz unten stand eine Fabrik, und dahinter erstreckte sich das unendliche Meer mit Dampfern so klein wie Miniaturspielzeug ...