»Kain aber sagte zu seinem Bruder Abel: ›Komm und sieh dir meine Felder an!‹ Und als sie draußen waren, fiel er über seinen Bruder her und schlug ihn tot.« (Gen 4, 8)

Seit ihren Anfängen wirft die biblische Erzählung von Kain und Abel den düsteren Schatten des Brudermordes auf die Geschichte der Menschheit. Wie geraten Zerwürfnis und Hass unter die Menschen, wie kommt es, dass Menschen sich feindselig in Gruppen gegen andere zusammenschließen? Dies zu verstehen und Strategien für die Überwindung unversöhnlicher Blockbildungen zu suchen, war das Wasserzeichen der gesamten politischen Tätigkeit von Alexander Langer. Südtiroler von Geburt her, Weltbürger aus Entscheidung, hinterließ er kurz vor seinem Tod Zehn Punkte fürs Zusammenleben, die als Verdichtung seines Friedens- und Versöhnungsprojektes betrachtet werden können. In diesem Buch wird Langers Hinterlassenschaft einer vielschichtigen Re-Lektüre aus unterschiedlichen Perspektiven unterzogen.
Die »Zehn Punkte« bündeln Langers Erfahrungen als Begründer der interethnischen Bewegung in Südtirol und als EU-Friedensemissär am Balkan, weisen aber weit darüber hinaus: Die Unvermeidlichkeit von – häufig unfreiwilligen, oft aber auch bereichernden – Migrationserfahrungen stellt Europa vor die Aufgabe, neue Modelle für das Zusammenleben zu entwickeln.

Zehn Punkte fürs Zusammenleben – neu gelesen und kommentiert. In memoriam Alexander Langer 1995–2015

Alexander Langer, geboren 1946 in Sterzing (Südtirol), gestorben 1995 in Florenz, lebte in Bozen und Florenz. Nach seinen Universitätsstudien in Florenz, Bonn und Trient arbeitete er als Lehrer, Journalist und Übersetzer. Leitende Figur der interethnischen und ökologischen Bewegung in Südtirol und Mitbegründer der Grünen Italiens, war er seit 1978 Abgeordneter im Südtiroler Landtag und ab 1989 Europaparlamentarier.