Assoziative Sprach- und Lautspiele, Language crossing, Wortverdrehungen, Nonsense-Wörter – Sprachen und Codes treten in Disput, kommentieren, durchdringen und missverstehen einander, zu einer Synthese finden sie nicht. Doch anstelle gewohnter (An-)Klagen tritt die subversive Kraft des Lachens. Damit, so urteilt der Germanist Werner Wintersteiner, »erzielt Oswald eine atemberaubende Dynamik, gelingt ihm ein sprachliches Feuerwerk, das seinesgleichen sucht«.
Die seltenen Lesungen, bei denen der Autor gern zusammen mit Jazzformationen auftritt, haben Kultcharakter, nur alle paar Jahre gönnt er seiner Lesergemeinde einen weiteren Gedichtband. Mit Frakturen zeigt sich Jani Oswald einmal mehr als virtuoser Sprachakrobat, als Meister einer Poetologie der spielerischen Brechungen und abrupten Brüche. Ein Teil der Gedichte entstand in Zusammenhang mit dem Unikum-Projekt BUHŠTABENZUPE.
1985 trat Jani Oswald mit seinem ersten Gedichtband an die Öffentlichkeit, 1992 folgte der zweite, der das zwiespältige Verhältnis zwischen Slowenisch und Deutsch schon im gespiegelten Titel Babylon/Babilon visualisiert. Gedichte wie »Jaz ich« wurden zum Orientierungspunkt einer jungen, zweisprachig aufgewachsenen Generation, die sich nicht mehr über ethnische Zugehörigkeit definieren (lassen) wollte, sondern gewillt war, sich der Last und Lust eines sprachlichen Grenzgängertums auszusetzen.

Buchstabensuppe, Wörterverschnitt
und Sprachensalat – Jani Oswald at his best.

Jani Oswald, geboren 1957 in Klagenfurt/Celovec, Lyriker und Essayist; studierte Rechtswissenschaft; lebt als unfreier Schriftsteller in Wien, im profanen Leben Finanzdienstleistungsmanager. In den neunzehnhundertachtziger Jahren Herausgeber und Chefredakteur der slowenischen Literaturzeitung Mladje. Veröffentlichungen in zahlreichen Anthologien und Zeitschriften. Selbständige Gedichtbände: Zaseka (1985), Babylon/Babilon (1992), Pes Marica (1994), Achillesverse. Kein Heldenepos (1996).

„Mit diversen Etiketten ließe sich diese Dichtung versehen: Experimentelle oder konkrete Poesie wäre als Gattungsbezeichnung tauglich, würde aber diesem hintergründig sinnlichen Sprach- und Lautspiel nicht gerecht werden. Denn Oswalds Poetik erweist sich als komplexer. Dem programmatischen Titel folgend, verbiegt und verdreht der Dichter sein Wortmaterial, zerlegt es und setzt es wieder zusammen, um unversehens neue Bedeutungen und Zusammenhänge zu erzeugen, gleichsam als ob sich Sinn letztlich nur dynamisch erfahren ließe.“ (Walter Wagner, literaturhaus.at)
„"Frakturen" ist ein Gedichtband, der es in sich hat. (…) In seinen Gedichten entsteht ein eigenwilliges literarisches Esperanto: Hochdeutsch, Kärntnerisch, Slowenisch, Italienisch und Englisch. Linguistische und ästhetische Grenzen werden unbekümmert verschoben, verdreht und verbogen. Bei aller Freude am Wortspiel stellt Jani Oswald Fragen in den Raum, hinterfragt, kritisiert: die globalisierte Digitalwelt, den so genannten Neusprech.“ (Michaela Monschein, Ö1)

»Ta hiša je moja

Dieses Haus ist mein
und gehört doch nicht mir
es sagt der nach mir kommt
das sei nicht sein Bier
als Dritten
tragen sie dich dann
hinaus durch die Tür
mein Freund
wem gehört dieses
aus ist das Lied und
gehört nicht von dir
es sagt der danach kommt
er hätt kein Gespür
als Vierten
tragen die Hirten
mit Gesang umatum ihn
so sag doch mein Freund
bitte sehr
wem gehört das Gewehr
denn auch der nach dir
durch die Tür ist erschießt
von sich selbst oder wer
glaubst ist der Fünfte
in der Muttergebär
ach so er kuschel
die Muschel gern schleckt
mit dem Mann
Nummer sechs
legens die Eggs
ins Friedhofs-
gewächs
samt dem Schleim
vom Gewichs lieber Freund
erzähl mir doch
nix
von daheim
po domace ta
hiša je moja
pa vendar«