Der dritte Teil der Trilogie umfasst die selten thematisierten ersten Jahre des sozialistischen Jugoslawien bis zum Bruch zwischen Tito und Stalin im Jahr 1948. Am Anfang steht der Einzug der Partisanenarmee in das von den deutschen Truppen verlassene Ljubljana. In dichten, sich ständig wandelnden Szenen beschreibt Kovacic das Gemisch aus Freude, Duckmäusertum und Aggressivität, das sich zu einem rauschhaften Volksfest steigert. Und mitten durch das Gedränge, getrieben von der Angst, als "Deutsche" erkannt zu werden, irrt diese Rumpffamilie, für die der Erzähler, kaum siebzehnjährig, die Verantwortung trägt: Mutter und Schwester, die nicht Slowenisch können, dazu die gehbehinderte Nichte im Leiterwagen.

Zwei Welten, er steht in beiden, oder zwischendrin, vermitteln kann er nicht. Die Angehörigen werden ausgewiesen (wochenlang zwischen der jugoslawischen und österreichischen Grenze hin- und hergeschoben), er bleibt zurück, von Selbstvorwürfen geplagt, muss sich durchschlagen, manchmal durchmogeln, hin- und hergerissen zwischen Anpassung und Aufbegehren. Und findet nach und nach, indem er sich immer wieder mit dem Tod des Vaters auseinandersetzt, im Schreiben, das ihm zur »dritten Sprache« wird, so etwas wie eine erste, prekäre Heimat.

In der literarischen Szene, die ihn neugierig beäugt und herumreicht, bleibt er, der ganz genau hinsieht, worüber andere lieber hinwegsehen, ein Underdog und Außenseiter. Nichts anderes will er werden, als was er von Anbeginn ist: peinlicher Beobachter und Chronist eines verrückten Zeitalters.

Roman

Der dritte und letzte Teil des »Jahrhundertromans«
von Lojze Kovacic - die Jahre 1945 bis 1948.

Lojze Kovacic, geboren 1928 in Basel, gestorben 2004 in Ljubljana; einer der bedeutendsten slowenischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Die in den Jahren 1982-1984 verfasste Trilogie Prišleki (Die Zugereisten) ist der Angelpunkt seines vielfältig verschachtelten, deutlich autobiographisch geprägten Gesamtwerks.

Ich verteilte das Fleisch und die Kartoffeln, die noch heiß waren, die Brotschnitten ... Als sie aufgegessen hatten, legten sich Mama und Clairi auf die Decke und die Mäntel in den Schatten, denn die Sonne begann herunterzubrennen ... In der Stadt war noch immer alles am Schreien und Singen ... man hörte das Rasseln von Panzern, das Getrappel der Kavallerie, die durch die Bleiweissova zog, Schüsse in die Luft, Reden über die Lautsprecher ... es wäre gut, sie zu hören, um zu wissen, was sie überhaupt vorhatten ... vermutlich warfen die Leute noch immer Blumen ... Über den Bahnübergang, zwischen den hochgekurbelten Schranken, strömten neue Massen in den Park ... vermutlich waren die Paraden jetzt wirklich zu Ende ... sie kamen in Gruppen ... Verwandte, Freunde, Liebespaare ... in jeder Gruppe war mindestens ein Partisan oder ein Zivilist mit Gewehr ... sie waren so fröhlich, dass es interessant und schön war, sie zu sehen ... alle sehr sommerlich, bunt, mit Blumen in den Händen ... Sie setzten sich unter die Büsche, auf der ganzen Wiese, winkten einander zu ... auch uns vieren ... wir winkten zurück, das war nicht ehrlich, ich benahm mich wie ein Chamäleon, das Liebe mit Liebe vergilt, Ehre mit Ehre, Betrug mit Betrug, Gewalt mit Gewalt ... und doch blieb ich ... ich konnte mich nicht verändern, meine Haut nicht abstreifen. Aber wenn sie wüssten, wer wir waren ... was würden sie sich für uns alles ausdenken ... wie aufgekratzte Kinder würden sie sich an uns auslassen, weil wir sie bei ihrem Vergnügen gestört hatten ... Könnte ich wenigstens für einen Augenblick an ihrer Stelle sein, um ihr grenzenloses Vergnügen zu empfinden, diesen Genuss der Freiheit, in der man alles verliert, seinen Körper, seine Seele ... wenn man auf einmal nichts anderes mehr ist als, sagen wir, eine Ähre unter Ähren ...