1941 erreicht der Krieg Jugoslawien. Ljubljana, das vor kurzem noch König Peter zugejubelt hat, fügt sich der italienischen Besatzungsmacht, deren schmuck uniformierte Vertreter sich, zur Belustigung der ihnen nachspionierenden Buben, vor allem als Weiberhelden und Schürzenjäger hervortun. Lojze, der dreizehnjährige Ich-Erzähler, hat es zum Anführer einer Bande von Gleichaltrigen gebracht, in der man erste Erfahrungen körperlicher Liebe ebenso teilt wie die Beute kleiner Diebstähle. Ein Polizeiverhör, gefolgt von einem neuerlichen Wohnungswechsel, bereiten dem Zusammensein in der Gruppe ein Ende. Die Eltern wollen nach Deutschland umsiedeln – und lassen den Plan, weil man ihnen dafür ein nationales Bekenntnis abverlangt, wieder fallen. Wohin gehört diese Familie, die immer dazwischen steht? Und Lojze, der bald die heimlichen Aktionen der Partisanen bewundert, bald das militärische Gehabe der Domobrancen, die unter dem Schutz der nunmehr deutschen Okkupanten Freiwillige für ihren antibolschewistischen Kreuzzug werben? Während amerikanische Bomben auf Ljubljana fallen und der deutsche Vormarsch in Russland ins Stocken gerät, erwacht in ihm, dem unangepassten Schulversager, eine neue Leidenschaft: Er beginnt zu zeichnen, zu malen, zu lesen, versucht zu schreiben, knüpft Kontakte zu einem Kreis junger Dichter. Nach dem Tod des Vaters bringt er mit 16 Jahren seinen ersten literarischen Erinnerungstext zu Papier. Als dieser in einer Jugendzeitschrift abgedruckt wird, steht Ljubljana kurz davor, im Chaos der letzten Kriegstage zu versinken ...

Roman

"Man kann schon jetzt auf die folgenden Teile dieser autobiographischen Trilogie gespannt sein", schrieb die FAZ. Der neue Band erzählt von einer Jugend im Krieg.

Lojze Kovacic, geboren 1928 in Basel als Sohn eines slowenischen Auswanderers und einer Deutschen. Lebte seit 1938 in Slowenien. Sein gesamtes Erzählwerk, zahlreiche mosaikartig gefügte Romane und Novellen, reflektiert das Schicksal seiner Familie, in der sich die Dramatik eines verrückten Jahrhunderts spiegelt. Lojze Kovacic, der als einer der bedeutendsten Romanciers der slowenischen Moderne gilt, ist am 1. Mai 2004 in Ljubljana gestorben.

... Dass es solches noch gibt! So staunte man vor einem Jahr, nachdem man den ersten Band von Lojze Kovacics autobiographischer Romantrilogie 'Die Zugereisten' in rauschhafter Lektüre verschlungen hatte - ein Meisterwerk, das seit seiner Veröffentlichung 1984/85 zwei Dekaden hatte warten müssen, bis es im deutschen Sprachraum Beachtung fand ... Noch sind es wenige, die den Namen Lojze Kovacic kennen, doch wird er um die Welt gehen. Man muss die Drastik seines Schreibens erst aushalten lernen, dann aber kann man an seiner Zärtlichkeit sehend werden ... (Andreas Breitenstein, NZZ)
... In einer stakkatoartigen Sprache reiht Kovacic Alltgasskizzen eines Heranwachsenden aneinanander, deren Detailreichtum vor dem Hintergrund der Vierzigerjahre zu einem makrosozialen Ganzen und einem historischen Gemälde verschmelzen ... (Edgar Schütz, Falter Bücherherbst)
... Der autobiografische Roman ist derart aufregend geschrieben, er nimmt so sehr für seinen halbwüchsigen Helden ein, dass man weiter liest, atemlos, wie das Tempo des Romans ... (Cord Beintmann, Stuttgarter Zeitung)
... Anderthalb Jahre nach dem ersten Band der 'Zugereisten' kommt der zweite in die Buchhandlungen, und es ist von der ersten Zeile an so, als hätten wir lediglich einen Moment der Besinnung und der Bestürzung sein Buch sinken lassen - dieses Sturzbachbuch der Erinnerung an einen Jungen, der er gewesen war im Krieg in Ljubljana, inmitten von Not, Hunger, Fremdheit, Einsamkeit ... (Jörg Plath, Deutschlandfunk)
... Lojze Kovacics autobiographische Romantrilogie 'Die Zugereisten' gehört zu den besten Werken der Literatur Ost-Mitteleuropas nach 1945. Mehr noch als in Teil I. gelingt es Kovacic im zweiten Teil die große Geschichte, die geprägt ist von Mord, Vertreibung, Armut und Krieg mit der Perspektive eines in seinen Pubertätsjahren steckenden Jungen zu verbinden. Dabei gehen Einfühlungsvermögen und eine herausragende Sprache literarischer Modernität eine ganz seltene Symbiose ein ... (Bernhard Fetz, Ö1 Ex Libris)
... Bereits die ersten beiden Bände zeigen eine poetische Dichte dieser Erinnerungsprosa, welche den Vergleich mit dem Serben Aleksandar Tišma oder dem Polen Bruno Schulz nicht zu scheuen braucht. Es ist eine authentische, eine wahre Geschichte aus den Wirren des 20. Jahrhunderts ... (Martin Sander, Hessischer Rundfunk)
... Kovacic' Erzählung ist drastisch und aufwühlend. Weniger literarisch-dramaturgisch ausgearbeitet als Detail für Detail chronologisch mit Wucht und bestürzender Erinnerungsgenauigkeit hingeworfen, ist das Buch ein riesiger Brocken, den man gierig - und mitunter würgend - hinunterschlingt ... (Julia Kospach, Berliner Zeitung)
... Als Leser darf man den dritten Band des Romans mit derselben Spannung erwarten wie seinerzeit den zweiten ... (Rolf Wörsdörfer, Frankfurter Rundschau)

Im Hof des Kasinos kochten die italienischen Soldaten auf ihren Begleitfahrzeugen Spaghetti und Minestra. Sie verteilten sie auch an die Kinder ... Karel, Ivan, Andrej und ich liefen mit unseren Töpfen hin ... Wir warteten im Durchgang neben dem Rio, bis sich die Soldaten im Hof satt gegessen hatten. Dann rief uns der Koch zum Kessel auf dem hohen Wagen. Die Schöpfkellen waren ganze Helme groß: so viel Spaghetti mit Tomaten und Reis, voller Fleisch, hatte es noch nie in unserem Fünflitertopf gegeben ... Jetzt hatten wir neben dem Frühstück, bei dem wir weißen Zwieback aus unseren Kisten in den Kaffee brockten, noch ein kräftiges und wirklich reichhaltiges Mittagessen auf dem Tisch ... Dann kam die Bekanntmachung des IX. Armeekorps der Provinz Ljubljana heraus, dass die Bevölkerung innerhalb einer bestimmten Frist alle Waffen, Kleider und Lebensmittelkonserven, die sie aus den Kasernen der ehemaligen jugoslawischen Armee geraubt hatte, zurückzugeben habe. Wer die aufgezählten Gegenstände nicht abgebe und bei wem sie nach zwei Wochen gefunden würden, werde bestraft werden: 1 ... 2 ... 3 ... Vati und ich versteckten die Kisten, so gut es ging, unter Fetzen und alten Kleidern ... Nein, auf diesen herrlichen Zwieback würden wir um keinen Preis verzichten, auch unter Androhung der Todesstrafe nicht ... Leider durfte ich ihn von nun an nicht mehr mit auf die Straße hinausnehmen, denn überall gab es Spione, und auch der Harmloseste durfte nicht wissen, dass wir zu Hause einen Staatsschatz aufbewahrten ...
Hinter dem Zaun im Zvezda-Park hatten sie in der Zwischenzeit angefangen, mit Maschinen das riesige Bronzedenkmal König Aleksanders auf dem Pferd zu zersägen ... Kaum ein paar Monate zurück hatten sie es feierlich enthüllt, und der junge König Peter II war zur Einweihung in der Uniform eines Luftwaffenleutnants gekommen ... davor waren wir noch mit der Schule zuschauen gegangen, wie sie mit Hilfe von Flaschenzügen Teile des Denkmals auf den hohen Marmorwürfel zogen ... einen riesigen Stiefel im Steigbügel ... einen muskelbepackten Pferdeschenkel ... die behandschuhte Hand des Königs mit dem Zügel ... sein halber Kopf mit dem Zwicker und dem schmalen Käppi ... Jetzt lag der ganze Messingkram in unterschiedlich großen Schuppen da oder fiel von oben in den Sand ...