»Ein Geschenk der Götter« sei es, »an der Grenze geboren zu sein, dort zu leben und zu sterben und dabei das Unmöglichste herauszupressen«, ein anstrengendes Geschenk zwar, verbunden mit einer Transit-Existenz, zugleich aber eines, das die Beschenkten an »dionysische Glückserfahrungen« heranführen könne. Was Kenka Lekovich einer ihrer Figuren in den Mund legt, trifft wohl auch auf sie selbst zu. Ihre Texte spiegeln thematisch wie sprachlich Erfahrungen, die mit Grenzen zu tun haben und diese witzig, frech und hintersinnig abtasten, ausleuchten und unterlaufen. Im kroatischen Rijeka/Fiume geboren, aufgewachsen in einer Familie, deren verzweigte Wurzeln von Italien bis Russland reichen, schreibt die in Triest lebende Kenka Lekovich auf Italienisch. Wie sie ihre Figuren dabei auf ungewöhnliche Reisen schickt, in Alltagssituationen und im Surreal-Grotesken verstrickt, so lotet sie auch vielfältig die Möglichkeiten der Sprache aus; sie bricht dabei beständig aus der Norm aus, spielt mit Ausdrucksebenen des Dialekts ebenso wie mit jenen der Medien, der Werbung oder des wissenschaftlichen Diskurses, und nicht zuletzt mit Splittern jener Sprachen, in denen die Geschichten ver- und entortet sind, allen voran der kroatischen und der deutschen.

und andere Texte

Eine akrobatische Grenzgängerin jongliert mit Sprachen, Identitäten und literarischen Genres.

Kenka Lekovich, geb. 1963 in Rijeka/Fiume, lebt seit 1990 in Triest, arbeitet als freelance-Journalistin sowie in verschiedenen Sozialprojekten. Kenka Lekovich versteht sich als scrittrice di confine, als Grenz-Schriftstellerin; Mitwirkung am Projekt »Poetik der Grenze« (Graz, Kulturhauptstadt 2003); Stadtschreiberin von Graz 2004/2005. Buchpublikation: La strage degli anatrocoli (1995); in deutscher Übersetzung: Kurzprosatexte, Gedichte, Essays, Hörspiele und dramatische Skizzen in Anthologien und Zeitschriften.

„Meist in ein polyphones Ensemble bedeutsamer literarischer Stimmen eingebunden, stellen sich die Figuren, mehr oder weniger verdeckte Spiegelungen oder Abspaltungen des Autor-Ich, sprachgewandt und sprachgewitzt diesen zwischen Normalität und Wahnsinn schwankenden, instabilen Realitäten.“ (Primus-Heinz Kucher)
„... Wie sie ihre Figuren dabei auf ungewöhnliche Reisen schickt, in Alltagssituationen und im Surreal-Grotesken verstrickt, so lotet sie auch vielfältig die Möglichkeiten der Sprache aus und spielt mit Ausdrucksebenen der Medien, der Werbung oder des wissenschaftlichen Diskurses.“ (Stadtbibliothek Graz)
„Wir, die wir uns in feister Einsprachigkeit eingerichtet haben, schlafen nachts zwar gut, die Freuden (und Leiden) echter Vielsprachigkeit und gelebten Grenzgängertums würden uns jedoch verborgen bleiben, wenn da nicht Kenka Lekovichs Texte wären. Also, die Lektüre lohnt!“ (Wolfgang Gauglhofer, Bücherschau, Wien)

… Müsste ich einen architektonischen Stil für mein Schreiben auswählen, dann möchte ich ihn so eklektisch und grotesk haben wie das Hotel Excelsior am Lido von Venedig oder sein danubisches Pendant, das Gradska Kuca aus dem Jahr 1903 in Subotica. Mich bezauberte jener Ort voller Majolika und Husaren, dieses Türkis aus Konstantinopel und pannonisches Gelb, ein danubisches Kaleidoskop in den endlosen Weiten der Vojvodina, dem Land der schwarzen Zigeuner und Paprikas, wo die Kinder noch unter den Maiskolben zur Welt kommen, blau vor Kälte und rundlich wie Bocce. Ich sah dies 1981, als ich Alan, einem ehemaligen Schulfreund, in Sabatka, wo er beim Militär war, einen Besuch abstattete. Da musste ich einfach nach Subotica fahren, auch um den Preis einer Nacht ohne Sitzplatz im Zug von Zagreb nach Novi Sad …