Als mich Gott erschuf, muss ihn ich weiß nicht was gezwickt haben, dass er mir eine so mächtig gekrümmte Nase verpasste. Schon in der Zeit, als ich zur Volksschule ging und mich Tag für Tag vor den Spiegel stellte, verursachte dieses göttliche Missgeschick in mir eine so abgrundtiefe Trauer, dass ich am liebsten gestorben wäre. Ich verglich meinen enormen Riecher mit den schönen gerade gewachsenen Nasen meiner Mitschüler und Mitschülerinnen und ärgerte mich unablässig über den allwissenden Gottvater, warum er wohl gerade mir diese Giga-Gurke mitten ins Gesicht gepflanzt hatte ...

Oce naš, ki pravijo, da si v nebesih, da si vseviden, vseveden in vsemogocen, usmili se Korotancev, reši jih vseh funkcionarjev, ki ne funkcionirajo, saj klamfajo dialoge s prekanjenim korotanskim knezom pekla – plazec se po kolenih okrog njegovega prisleparjenega prestola.
Oce naš, ki pravijo, da si tudi Korotance ustvaril, zravnaj jim hlapcevske hrbte, da ne bojo – svoji na svojem – nenehno s klobukom v roki drhteli pred razkošno pogrnjeno mizo krivicnih oblastnikov – trotov, redecih se od njihovega dela.
Oce naš, bodi usmiljen z njimi, stori, ce si res njihov oce, da bojo odkrili spet tovarištvo, kakor v casih Solidarnostnega komiteja, in se spet sklenili v vrsto starih in mladih obeh jezikov ter tako sklenili verigo, ki so jim Selani jo skovali ...

Erzählungen

Geschichten als Grenzsteine gegen kollektive Vergesslichkeit.

Prežihov Voranc, eigentlich Lovro Kuhar, Schrifsteller, Journalist und politischer Aktivist. Geboren 1893 in Kotlje bei Ravne na Koroškem als Sohn eines Kleinhäuslers und Tagelöhners. Bildet sich nach Abschluss der Volksschule autodidaktisch weiter. Tritt der Sozialistischen, später der Kommunistischen Partei bei, in der er bald wichtige Aufgaben wahrnimmt. 1930 wird er zur Emigration gezwungen, reist in politischem Auftrag quer durch Europa, wird mehrfach inhaftiert. 1939 kehrt er aus dem Pariser Exil illegal nach Jugoslawien zurück, wird 1943 verhaftet, kommt ins KZ Sachsenhausen, von dort nach Mauthausen. Nach dem Krieg wird er im Zuge der stalinistischen ›Dachauer-Prozesse‹ der Kollaboration verdächtigt und stirbt 1950 im Alter von 57 Jahren.
Das literarische Werk – Erzählungen, Romane und Reportagen –, das Voranc zu enormer Popularität verhalf, entstand neben der politischen Arbeit, vieles davon während seiner häufigen Gefängnisaufenthalte. Bei Drava: Die Brandalm (1990), Maiglöckchen (1991), Wildwüchslinge (1992).

... Gerade weil Voranc die Opfer aus der Anonymität der nackten Zahlen heraushebt und ihnen Namen und Gesicht gibt, berühren uns diese Geschichten auch nach sechs Jahrzehnten immer noch so, als wären wir selbst dabei gewesen. Ein wichtiges, ein unumgängliches Buch wider das Vergessen ... (Andreas Pittler, Wiener Zeitung)
... Das Leben packte ihn hart an, immer wieder, doch er verwandelte die Schläge - in schlichte, zu Herzen gehende Geschichten. Der bitter-lakonische, auch naive Realismus seiner Prosatexte und Reportagen hat Voranc im slowenischen Sprachraum überaus populär gemacht. Vor allem die kleine Form perfektionierte er auf seine Weise, in Erzählungen über den harten Kärntner Alltag ... (Uwe Stolzmann, NZZ)

Der Vecko Mihun wanderte vor gut vierzig Jahren irgendwohin nach Ungarn aus. Damals war er noch ein junger Kerl, der nicht einmal bei den Soldaten gewesen war. Daheim hatte ihn etwas in Wut gebracht, und als wäre er gebissen worden, sagte er:
»Ich gehe!«
Und er ging. Er ließ die alten Eltern, die Brüder und Schwestern daheim und verschwand. Dann schrieb er einmal, angeblich aus Siebenbürgen, dass er Grubenarbeiter sei und mit einer Rumänin lebe. Dies war der erste und letzte Brief von ihm. Er schickte eine Fotografie, von sich und von jener Rumänin.
Die Leute wunderten sich damals, für die Angehörigen aber war es schlimm.
»Wie kann ein Mensch so leicht seine Heimaterde, seine Eltern und seine Lieben verlassen?«
Damit brachte er sich bei der Nachbarschaft sehr in Verruf. Wäre er in die Obersteiermark oder nach Deutschland gegangen, wohin damals die anderen gingen, man hätte es noch verstanden. Sie gingen halt Geld verdienen, doch ins Ungarische, wie ist das möglich, in dieses Land, das niemand kannte und achtete. Wie ist es möglich, mit einer Zigeunerin zu leben, mit dieser Rumänin oder was sie schon ist ...