In einer komprimiert-lakonischen Sprache – einer einzigartigen Mischung aus lyrischen und prosaisch-essayistischen Elementen – liefert Edith Darnhofer-Demár eine vielschichtige Reflexion, zu lesen als persönliche Abrechnung mit einer mannhaft bewachten »Kulturlandschaft«, als neue Sicht auf die Geschichte eines gewaltsam zerrissenen »Grenzlandes«, aber auch als Nachtrag zur Rezeption Ingeborg Bachmanns in ihrem »erstgeborenen Land«.

Hommage an Kärnten, weiblich

Essayistisch-lyrische Reflexion über Kärnten, wie es ist und wie es sein könnte.

Edith Darnhofer-Demár, geb. 1945 in Mauthen (Kärnten). Schulen und Studium der Staatswissenschaften in Klagenfurt, den USA und Wien; lebt nach längerer Tätigkeit als Kultur- und Wissenschaftsjournalistin seit 1983 als freie Autorin und Lyrikerin in Klagenfurt und Wien. Literarische Veröffentlichungen seit 1973, darunter: »Endlosschleife« (1990), »Das Auge des Hausherrn mästet das Vieh« (1994), »Erich: nein – Siech: nein« (1995).

… »Wer weiß, wann sie dem Land die Grenzen zogen / und um die Kiefern Stacheldrahtverhau?« wird im Kärnten-Gedicht von Ingeborg Bachmann gefragt. Sie weiß es: Im Ersten Weltkrieg. Und: »Der Wildbach hat die Zündschnur ausgetreten, / der Fuchs vetrieb den Sprengstoff aus dem Bau.« Grenze, granica, ist ein spätes Lehnwort, das den Weg über Polen in den deutschen Sprachraum macht. Es meint »Pflock für Pflock setzen«. Früher sprach man von »Marken«, ein Raum wurde von seinem Zentrum her und nicht, wie heute, von präzisen Grenzen her nach innen beschrieben. Solche Zentren waren Jahrtausende lang der Plöckenpaß, die Villacher Pforte, der Loiblpaß, bevor Gebirgszüge Trennlinien wurden, »wo man mit Blut die Grenze schrieb«. Pflock für Pflock fertig gestellt wird der Stacheldrahtverhau, der eine mehrsprachige weltläufige Kultur in eine Minderheit und eine selbstbezogene, ein verludertes kärntnerdeutsches Dialektderivat bellende Mehrheit spaltet, erst mitten im Boom nach dem Wiederaufbau. Als ich 1962 aus einer US-Kleinstadt zurückkomme, atme ich in Klagenfurt noch auf. Dann werden Zeichen gesetzt und Zeichen deutlich: die Landeshistoriker beginnen sich gegen »die von draußen« zu verteidigen …