Luisa Valenzuela ist in der lateinamerikanischen Literaturszene keine Unbekannte: von weltweit
anerkannten Autoren wie Julio Cortázar oder Carlos Fuentes hoch gelobt, hat sie seit den sechziger
Jahren des 20. Jahrhunderts konstant einen eigenständigen Weg beschritten, der zwar seine Herkunft aus der Tradition der fantastischen Literatur in Argentinien nicht verleugnen kann (Borges und Bioy Casares gingen schließlich im Haus ihrer Kindheit aus und ein), sehr rasch aber in neue, bisher
unerschlossene Gefilde aufgebrochen ist: Aufmüpfige feministische Töne mischen sich bei ihr hinzu, eine Vorliebe für die Demontage von Klischees und ein sozialkritisches Potenzial, das auch vor Tabuthemen wie Folter und Diktatur nicht Halt macht. Obwohl Luisa Valenzuela eine scharfe Analytikerin ist (hier hat sie aus der Schule Lacanscher Psychoanalyse gelernt), beweist sie durchaus ein Faible für Elemente des Magischen Realismus, für Traumhaftes, Mystisches und Unerklärbares.
Erzählungen
Luisa Valenzuela, geb. 1938 in Buenos Aires, als Tochter der bekannten argentinischen Schrift-
stellerin Luisa Mercedes Levinson. Daher lebte sie bereits als Kind in einer literarischen Atmosphäre,
umgeben von Schriftstellern wie Jorge Luis Borges oder Adolfo Bioy Casares. Bei Borges arbeitete sie in der Nationalbibliothek von Buenos Aires. Seit ihrem 17. Lebensjahr ist sie als Journalistin sowohl in ihrem Heimatland als auch in den USA für verschiedene Zeitschriften (New York Times, Village Voice, Vogue, Vanity Fair etc.) tätig gewesen. Sie unternahm ausgedehnte Reisen durch Europa und Lateinamerika und war etwa Redakteurin bei Radio Télévision Française. Von 1957 bis 1961 lebte sie in Frankreich, wo sie auch Kontakt mit der Gruppe Tel Quel sowie mit den AutorInnen des „Nouveau Roman“ aufnahm. In den 1960er Jahren bekleidete sie den Posten einer stellvertretenden Chefredakteurin der Samstagbeilage von La Nación, der bekannten argentinischen Tageszeitung. 1970 erhielt sie ein Fulbright-Stipendium in die USA, wo sie mit einigen der hervorragenden LiteratInnen Lateinamerikas gemeinsam im „International Writers Program“ der University of Iowa integriert war. Dort schrieb sie auch ihren Roman El gato eficaz, der den eigentlichen Durchbruch in ihrem literarischen Schaffen darstellte. Nach vielen Jahren unsteten Reisens (Mexiko, Spanien, Paris, Schottland) und – seit 1979 – politischen Exils in den USA, wo sie u. a. „Writer in Residence“ an der Columbia University war und an der New York University Post-graduate-Kurse in Literatur abhielt, kehrte sie 1989 wieder in ihre Heimatstadt Buenos Aires zurück.
Am Samstag Abend sucht eine Frau alles Mögliche, nur nicht Arbeit. Und an einem Tisch nahe der Theke sitzend, so wie man mir’s empfohlen hat, warte ich. In diesem Lokal ist die Theke die Schlüsselstelle, hat man mir eingebläut, so können dich die Männer taxieren, wenn sie in Richtung Klo gehen. Denn sie können sich diesen Luxus sehr wohl leisten. Von ihrem Drang getrieben, stoßen sie die Schwingtür kraftvoll auf, eine Wolke von Ammoniakduft schlägt uns entgegen, und sie kommen erleichtert wieder hervor, bereit, den Tanz wieder aufzunehmen.
Als Prinz mag er ja seine Schwächen haben, doch für einen Frosch, das weiß er, ist er ganz große Klasse. Dennoch ist er traurig. Das Mädchen, das ihn küsste, ist nicht mehr von dieser Welt. Damals wollte der Prinz keine Zeugin seiner Verwandlung hinterlassen, aber jetzt tut es ihm Leid. Es gibt nun niemanden mehr im Schloss, der ihm von seiner Vergangenheit erzählen könnte, dabei ist es so wichtig für ihn, immer wieder vom Teich zu hören und vom unaufhörlichen Quaken: Denn auf die Stimme kommt es an. Für die Liebe – besser gesagt, für die Fortpflanzung – braucht man ein kräftiges Vibrato in der exakten Tonhöhe der eigenen Spezies. Und sie war so, sie lag genau auf seiner Wellenlänge und wusste sofort, was er von ihr wollte. Sie verstand ihn, und ohne lang zu überlegen gab sie seinem Flehen nach und küsste ihn. Wegen dieser spontanen Handlung kam sie nicht mehr dazu, die Geschichte zu erzählen.