Dragoslav Dedovics neue Gedichte drehen sich – zumindest vordergründig – nicht mehr um den Abschied von dem in Flammen aufgehenden Land seiner Herkunft und das Ankommen in jenem anderen, ungewissen und ablehnenden, des Exils. Die Mühen des Sich-Einlebens in eine Welt, der man abhanden gekommen ist und hinter deren aufdringlicher Gegenwart die Melancholie einer vergangenen leuchtet, haben die Sprache leiser werden lassen. Geblieben ist Dedovics unverkennbarer Ton: ein Mix aus scharfsinniger Reflexion, rhythmischer Schreibweise und lakonischem Humor.

Gedichte

Mit einem Vorwort von Stevan Tontic

Lyrik, welche die Versatzstücke von Reklame, Kitsch und Kriegsberichterstattung nicht ausblendet, aber nach dem fragt, was darunter liegt.

Dragoslav Dedovic, geboren 1963 in Zemun (Jugoslawien). Lyriker und Publizist. Journalistikstudium in Sarajevo, Cheflektor des Gaficar Verlags in Tuzla. Seit 1992 in Deutschland. Absolvent der Europastudien in Aachen. Dragoslav Dedovic ist Autor mehrerer Lyrikbände, darunter Von edlen Mördern und gedungenen Humanisten. 44 Gedichte/pjesme & 1 Essay/esej (Drava 1997) und Herausgeber der Anthologie Das Kind. Die Frau. Der Soldat. Die Stadt. Zeitgenössische Erzählungen aus Bosnien-Herzegowina (Drava 1999).

... Diese Gedichte sollten nicht als Exilliteratur gelesen werden, obwohl die Fremde in ihnen eine entscheidende Rolle spielt. Sie befreien sich jedoch vom Ballast der Nationalität. Sie kommen schließlich an dem Ort an, den Joseph Brodsky einmal mit der Formulierung "Sprache als Heimat" umschrieben hat ... (Marica Bodrozic, Saarländischer Rundfunk)

... Alltagssprache wird zum metaphorisch aufgeheizten Beschleuniger illusionsloser Einsichten ... (Hannes Hansen, Kieler Nachrichten)

auf die nachricht, dass ein junger mann aus kopenhagen die leiche seines vaters aus der leichenhalle stahl und mit ihr auf dem motorrad davonbrauste oder:
eine kawasaki für wukman dedowitsch
du warst ein leerer stuhl
mutters krokodilsträne die in die heiße suppe fiel
ganze zwanzig jahre lang bis ich dich fand
auf einer montenegrinischen felsenklippe: vater!
ein dreifuß mit gelblichen krümeln im lachen
und den augen der schwester
die dichtung ist ohne frage
die letzte private magie am ende dieses jahrtausends
eine technik die abgestandene nachrichten
in familiäre verse gießt die wie
japanische maschinen glitzern
sitz auf alter cowboy hinter dem traurigen jungen
er zeigt dir: von norden über die magistrale kommend
überzieht die nacht das land hinterm stacheldraht