Aus dem Slowenischen von Klaus Detlef Olof

Ein slowenisches Dorf im Tolminer Tal – eine kleine Welt, in der die große ihre Probe hält und sich die blutige Geschichte Mitteleuropas kreuzt. Bis 1918 war die Region Teil der k.u.k. Monarchie gewesen, danach Italien zugeschlagen worden und alsbald unter den heftigen Italienisierungsdruck der faschistischen Machthaber geraten. Jetzt, nach einem verheerenden Krieg, der wie alle großen Ereignisse von draußen in der abgelegenen Bergwelt wiederbebt und wiederhallt, jetzt, im Mai 1945, sind Tal und Dorf der Republik Slowenien zugefallen.

Ein 35jähriger Mann kehrt nach 15jähriger Abwesenheit in die Heimat zurück. An diesem einzigen Frühlingstag, auf den die äußere Handlung des Romans zusammengedrängt ist, der doch nicht weniger als ein halbes Jahrhundert mitteleuropäischer Geschichte erzählt, läßt er seine eigene Geschichte, die auch die der Region ist, vor sich passieren. Aus dem Gedächtnis holt er die Bruchstücke einer kargen, vom Tod der Mutter, von der Verfolgung durch die italienische Obrigkeit, aber auch von der begeisterten Hingabe an die Natur und früher Liebe geprägten Kindheit herauf; aus den Gesprächen, die der Heimgekehrte führt, erfährt er, was sich in seiner langen Abwesenheit zugetragen hat: die zumeist düsteren Nachrichten und die oft poetisch aufschimmernden Erinnerungen setzt er zum bewegenden Bildnis einer Region und ihrer mal.- trätierten, ungebeugten Menschen zusammen.

Souverän verschränkt der große slowenische Erzähler Ciril Kosmač die verschiedenen Zeitebenen seines Romans, in dem lyrisch und mit ruhiger Stimme eine ergreifende Geschichte erzählt wird, die gleich unglaublich und alltäglich ist.

Dichter und Partisan, war Ciril Kosmač nicht nur ein literarischer Avantgardist, sondern auch ein Bauernsohn, der der Welt seiner Herkunft in Kritik und Zuneigung verbunden blieb.
Karl-Markus Gauß

Erzählung